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Schriftsteller Ivan Klíma ist tot


Nachruf: Die Stunde der Stille – Der tschechische Schriftsteller Ivan Klíma ist tot

Der tschechische Schriftsteller, Holocaust-Überlebende und Dissident Ivan Klíma ist am 4. Oktober 2025 im Alter von 94 Jahren in Prag gestorben. Klíma, dessen Werk die menschliche Moral unter dem Druck totalitärer Systeme wie kaum ein anderes beleuchtete, verstarb nach langer Krankheit im Kreise seiner Familie. Mit ihm verliert die Welt einen der wichtigsten literarischen Zeugen seines „verrückten Jahrhunderts“.

Ein Leben geprägt von Diktaturen und Dissidenz

Geboren 1931, war Klímas Leben von frühester Kindheit an von politischen Katastrophen geprägt. Als Zehnjähriger wurde er mit seiner Familie von den Nationalsozialisten in das KZ Theresienstadt deportiert, wo er dreieinhalb Jahre verbrachte. Diese Erfahrung, die er in seinen späten Memoiren „Mein verrücktes Jahrhundert“ aufarbeitete, prägte sein tiefes Gespür für Gerechtigkeit und das menschliche Leid.

Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 wurde Klíma zu einem prominenten Mitglied der Dissidentenbewegung. Die kommunistische Führung belegte ihn mit einem Publikationsverbot, das bis zur Samtenen Revolution 1989 andauerte. Trotz des Verbots schrieb Klíma unermüdlich weiter; seine Werke wie „Liebe und Müll“ und „Richter in eigener Sache“ zirkulierten als Untergrundliteratur (Samizdat) und machten ihn im Ausland berühmt.

Der Maulwurf als Lebensunterhalt

Während seine großen, komplexen Romane im kommunistischen Staat verboten waren, musste Klíma seinen Lebensunterhalt auf andere Weise verdienen. Er arbeitete unter anderem als Vermesser und Autor von Trickfilmen. In dieser Zeit schrieb er auch Drehbücher für Episoden des berühmtesten tschechischen Zeichentrickhelden: „Der kleine Maulwurf“ (Krtek) von Zdeněk Miler.

Für den verbotenen Dissidenten Klíma bedeutete diese Arbeit nicht nur ein Einkommen, sondern auch eine spielerische, unschuldige literarische Tätigkeit – ein direkter Kontrast zu seinen ernsten, existenzialistischen Hauptwerken. Er war unter anderem an den Episoden „Krtek und der Transistor“, „Krtek als Gärtner“ und „Krtek und die Streichhölzer“ beteiligt.

Ivan Klíma wurde 2002 mit dem Franz-Kafka-Literaturpreis ausgezeichnet und seine Bücher wurden in über 30 Sprachen übersetzt. Sein Tod hinterlässt eine Lücke in der europäischen Literatur, doch sein Vermächtnis als kompromissloser Verteidiger der Freiheit und als scharfsinniger Beobachter des menschlichen Herzens bleibt erhalten.


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Author: Blackscenic