Der unendliche Krieg: Coca-Cola vs. Pepsi – Eine Lektion in Markenstrategie
Der „Cola-Krieg“ ist eines der bekanntesten und langlebigsten Beispiele für Markenrivalität in der Wirtschaftsgeschichte. Es handelt sich dabei nicht um einen militärischen Konflikt, sondern um den seit Jahrzehnten andauernden, strategischen Wettbewerb zwischen Coca-Cola und PepsiCo um die Vorherrschaft auf dem Weltmarkt für Erfrischungsgetränke.
Dieser Kampf hat die Regeln des modernen Marketings, der Preisgestaltung und der Zielgruppenansprache maßgeblich geprägt.
Phase 1: Der Überlebenskampf (bis 1950er Jahre)
In der Frühphase war Pepsi der klare Underdog, der mehrfach kurz vor dem Aus stand. Die Strategie von Pepsi war in dieser Zeit rein preisorientiert:
- Coca-Cola: Positionierte sich als Original, als etablierter Marktführer und als amerikanische Ikone. Die 6-Unzen-Flasche für 5 Cents war der Standard.
- Pepsi: Nach dem Konkurs gelang der Durchbruch in der Großen Depression (1930er Jahre) mit dem Slogan „Twice as much for a nickel“ (Doppelt so viel für einen Nickel). Diese Preisstrategie rettete das Unternehmen und etablierte es als wertorientierte Alternative.
Phase 2: Die Geburt der „Pepsi Generation“ (1960er bis 1970er Jahre)
In den 1960er Jahren erkannte Pepsi, dass die Preisstrategie allein nicht ausreichen würde, um Marktführer Coca-Cola anzugreifen. Man musste das Image ändern und eine neue Zielgruppe ansprechen: die Jugend.
- Pepsi’s Offensive: Mit dem Slogan „The Pepsi Generation“ positionierte sich Pepsi als die Marke der jungen, modernen und zukunftsorientierten Konsumenten. Die Werbung zeigte junge, attraktive Menschen, die aktiv Spaß hatten.
- Coca-Cola’s Reaktion: Coke hielt lange an seinem traditionsreichen und universellen Image fest, was die Marke im Auge vieler Jugendlicher als „alte“ Marke erscheinen ließ.
Phase 3: Die Blinderkennung und die Pepsi Challenge (1970er bis 1980er Jahre)
Die Rivalität eskalierte, als Pepsi einen direkten Vergleich in den Mittelpunkt des Marketings stellte:
- Die Pepsi Challenge (1975): Pepsi führte in Einkaufszentren Blindverkostungen durch, bei denen die Teilnehmer angaben, Pepsi geschmacklich vorzuziehen. Diese Kampagne war ein psychologischer und werbestrategischer Triumph, da sie die Dominanz von Coke beim Geschmack anzweifelte.
- Coke’s „New Coke“-Desaster (1985): Verunsichert durch die Ergebnisse der Pepsi Challenge und sinkende Marktanteile, beschloss Coca-Cola, die über 99 Jahre alte Originalrezeptur zu ändern und „New Coke“ einzuführen. Die Öffentlichkeit reagierte mit massiver Empörung und Nostalgie. Nach nur 79 Tagen zog Coca-Cola „New Coke“ zurück und brachte die ursprüngliche Formel als „Coca-Cola Classic“ wieder auf den Markt. Dieses historische Marketing-Desaster wird oft als der größte indirekte Sieg für Pepsi im „Cola-Krieg“ angesehen.
Phase 4: Diversifikation und das Ende der Fokussierung (1990er Jahre bis heute)
Mit der Gründung von PepsiCo (1965), das neben Getränken auch Snacks (Frito-Lay) umfasst, verlagerte sich der Fokus. Heute findet der Wettbewerb weniger im direkten „Cola-Duell“ statt, sondern im Kampf um den gesamten Magen (Share of Stomach):
- PepsiCo: Ist durch Marken wie Lay’s, Doritos, Quaker Oats und viele andere Getränke (Gatorade, Tropicana) viel diversifizierter und insgesamt erfolgreicher als Lebensmittelkonzern.
- Coca-Cola Company: Konzentriert sich primär auf Getränke, hat aber das Portfolio stark erweitert (z. B. Saft, Wasser, Kaffee, Energy Drinks).
Obwohl Coca-Cola beim Verkauf der Kernmarke Cola fast weltweit immer noch führend ist, bleibt die Rivalität ein Motor für Innovation, Produktentwicklung und kreative Werbung auf beiden Seiten.
